Die Idee

Schon Mitte des vergangenen Jahrhunderts wurde der Gedanke, eine Eisenbahnlinie quer durch Sibirien zu bauen, durch die Generalgouverneure von Omsk und Irkutsk laut. Die Sibirier wollten natürlich ihre Städte per Bahn mit der westlichen Wirtschaft verbinden. Jedoch erst die Vollendung der Eisenbahnlinien 1869 durch Amerika und 1885 durch Kanada und 1881 der Amtsantritt des Zaren Alexander III verhalfen dem Projekt zum Durchbruch. Mit den Worten " Es ist Zeit, es ist allerhöchste Zeit" genehmigte der Zar das Jahrhundertprojekt "Transsibirische Eisenbahn". Da der Ural bereits per Bahn mit Moskau verbunden war, verblieb das Stück zwischen den Städten Celjablinsk im Ural und Wladiwostok am Pazifik zu schließen. Dazwischen lag unbewohnte Steppe, Dauerfrostboden und der Baikalsee. Also, man hatte sich da was vorgenommen.

Die Abschnitte

Die Transsib wurde in den verschiedenen Regionen zeitgleich gebaut. Diese Bauabschnitte gaben später den Eisenbahnverwaltungen ihre Namen. Es entstand die Westsibirische-, die Mittelsibirische-, die Baikal-, die Transbaikalische-, die Amur- und die Ussuri-Bahn. Auch heute gibt es diese Bahnverwaltungen mit eben diesen Namen noch. Im Mai 1891 begann man zeitgleich im Osten und im Westen mit dem Bau der Transsibirischen Eisenbahn. Der damalige Zarenthronfolger Nikolaj II tat den ersten Spatenstich in Wladiwostok, um anschließend nach Moskau zu reisen. Diese Reise dauerte damals 3 Monate. Die Ussuri-Bahn wurde als erstes Teilstück, Ende August 1897, dem öffentlichen Verkehr übergegeben. Zwischen 1892 und 1895 baute man an der Westsibirischen Eisenbahn, von Celjabinsk bis zum linken Ob-Ufer. Die Mittelsibirische Eisenbahn, vom rechten Ufer des Ob zum Baikalsee, bedurfte 5 Jahre Arbeit. Fertiggestellt wurde dieser Teil im Jahre 1889. 1895 begann man bereits an andern Ende des Baikals mit dem Bau der Transbaikalbahn. Dieser Abschnitt sollte ebenfalls nach 5 Jahren fertig sein.

Die Baikalregion

Das Gebiet um den Baikalsee war damals für die Eisenbahnbauer ein kaum überwindbares Hindernis. Die bergige Gegend machte eine Weiterführung der Eisenbahnlinie unmöglich, so daß man sich für eine Fährverbindung über den Baikalsee entschied. Zu diesem Zweck wurden bereits 1893 bei der Werft Armstrong & Co in Glasgow zwei Fährschiffe bestellt, die 1900 fertiggestellt waren. Bereits fertig in Schottland stehend, mussten die beiden Schiffe wieder demontiert und versandfertig gemacht werden. In Kisten verpackt, wurden die beiden Schiffe schließlich nach Sibirien versandt und in Listvjanka, bei Irkutsk, wieder zusammengebaut. Das große Schiff, die "Baikal" war 88 m lang, 18 m breit und 8,7 m hoch. Es fasste 25 Eisenbahnwagons, 200 Passagiere und 750 Tonnen Nutzlast. Die "Baikal" existiert heute nicht mehr. Das kleinere Schiff hingegen, die "Angara", kann man heute noch in Irkutsk besichtigen. Diese Fährvebindung war auch praktikabel während der 9 Monate andauernden eisfreien Periode das Baikals. Im verbleibenden Vierteljahr wurden spezielle Schlitten eingesetzt, um die Wagons über das meterdicke Eis zu transportieren. Während des russisch-japanischen Krieges wurden, um die Versorgung im Osten zu beschleunigen, sogar auf dem Eis Gleise verlegt. Trotz dieser tollkühnen Tat blieb der Baikal mit der darüber führenden Fährverbindung das Nadelöhr auf dem Weg nach Osten. Nach dem auch der Krieg für Russland verloren ging, hielt man diese Engstelle auch für eine strategische Schwachstelle, die es zu beseitigen galt. Aus all diesen Gründen wurde zwischen 1902 und 1905 mit viel Mühe und unter großem Aufwand die Umgehungsstrecke am Ufer des Baikals, die Baikalbahn, gebaut.

Streckenführung durch chinesisches Gebiet

Ebenso schwierig zeigte sich das Land zwischen dem Baikalsee und Chabarowsk. Dauerfrostboden, die kältesten Winter Sibiriens und häufige Überschwemmungen auf diese Strecke gaben Anlass auch über Alternativen nachzudenken. In dieser Zeit passte es, dass sich China, nach einem verlorengegangenen Krieg mit Japan, in einer geschwächten Lage befand. Diesen Zustand nutzte Russland, als starker Nachbar, um über einen Eisenbahnkorridor durch Ostchina zu verhandeln. Man einigte sich auf einen Pachtvertrag, für diese Verbindung nach Wladiwostok, über 25 Jahre. Nachdem aber der eigene Krieg gegen Japan verlorenging, hatten die russischen Verantwortlichen die Befürchtung, dass Japan China besetzen könnte und damit die einzige innerrussische Verbindung vom Ural zum Pazifik unterbrechen könnte. Man entschloss sich schließlich doch, die aufwändige innerländische Verbindung, die Amur-Bahn, zu bauen. Die Arbeiten an ihr wurden im Jahre 1907 aufgenommen und neun Jahre später mit der Fertigstellung der Amurbrücke bei Chabarovsk beendet. Die Transsibirische Eisenbahn war somit durchgängig fertiggestellt. 90000 Arbeiter waren zeitweise gleichzeitig mit dem Bau der Transsib beschäftigt. Aufgrund der dünnen Besiedlung Sibiriens waren dies hauptsächlich Kosaken, Bauern, Sträflinge, Chinesen und Gastarbeiter aus Italien und der Türkei.

Verkehrsmittel

Bis 1905 wurde bereits vom Ural bis Irkutsk zweigleisig gefahren. Die zweite Spur bis zum Pazifik wurde in den dreißiger Jahren vervollständigt. Mitte der 20er Jahre befuhr man die Strecke mit Dieselloks aus Deutschland. In den Dreißigern erprobte man auf Strecken im Ural die Elektrifizierung, die schließlich bis 1961 von Moskau bis Irkutsk durchgängig eingerichtet wurde. Heute ist die Strecke selbstverständlich komplett elektrifiziert. Die heute fahrenden E-Loks stammen aus russischer oder tschechischer Produktion, wobei die Wagons allesamt aus dem Waggonbau Ammendorf, bei Halle an der Saale, stammen.